Kotz, Ficker oder Schwein: Thomas Beckenbach ist schon fast jeder obszöne, unangenehme oder einfach unpassende Name untergekommen. Er arbeitet beim Einwohneramt der Stadt Wiesbaden und ist dort für Namensänderungen zuständig.
"Wer mit dem Wunsch nach Namensänderung zu uns kommt, muss den sehr plausibel erklären können", sagt er. Abstoßende, schwer zu buchstabierende oder rufschädigende Namen würden meist akzeptiert. "Wer seinen Familiennamen nur unmodisch findet, hat aber meist keinen Erfolg." Doch so weit gehen die meisten Menschen mit ungewöhnlichen Namen nicht. Sie lassen ihr Leben lang blöde Sprüche über sich ergehen.
"Nachnamen haben heutzutage im Gegensatz zu jedem anderen Wort ersteinmal keine Bedeutung, sind daher neutral", erklärt der Sprachwissenschaftler Gerhard Müller von der Gesellschaft für Deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden. Selbst bei Müller, Bäcker oder Koch denke keiner bei der ersten Nennung über den wahren Sinn des Wortes nach. "Erst wenn er eine verwunderliche, ungewöhnliche Assoziation auslöst, verliert er seine Neutralität", sagt der Linguist. In der Fachsprache heißt das, der Name wird "motiviert".
"Ein schlechter Schüler, der Klug heißt, muss sich sicher dumme Sprüche anhören", nennt Müller als Beispiel. Gleiches gelte für einen Bäcker, der Metzger heißt, oder eine streng katholische Familie mit dem Nachnamen Fick. "Mit den zunächst neutralen Namen wird dann gespielt." Das war nicht immer so, denn ursprünglich hatten die Namen sehr wohl eine Bedeutung. Schließlich waren sie nicht ein leeres Wort, sondern eine Beschreibung.
"Unser zweigliedriges Namensystem ist erst im 14. und 15. Jahrhundert entstanden", erklärt Müller. Mal stand eine Eigenschaft Pate, mal war es der Beruf oder der Wohnort. "Damals waren die Menschen nicht so zimperlich und haben sich wesentlich drastischere Namen gegeben." Eine Ausnahme: die Namensgebung der mitteleuropäischen Juden. "Die hatten lange nur einen einzigen Namen. Als sie dann nach Mitteleuropa einwanderten, wurde ihnen manchmal in boshafter Weise ein seltsamer Name zugeteilt", sagt Müller.
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GLOSSAR:
ungewöhnlich | nicht konventionell, anders |
auslösen | in Gang setzen, kleine Räume lösen bei ihm Klaustrophobie aus |
die Scham | Substantiv von sich schämen, etwas ist einem peinlich, unangenehm; er schämt sich, vor anderen Leuten zu singen |
kotzen | vulgär für sich übergeben, brechen; Babys übergeben sich, indem sie die zuviel getrunkene Milch wieder ausspucken |
ficken | sehr vulgär für miteinander schlafen, miteinander ins Bett gehen |
das Einwohneramt | jeder Einwohner eines Ortes muss sich hier registrieren lassen |
zuständig sein | eine bestimmte Aufgabe haben, z.B. Frau Süda ist für die Privatkunden zuständig |
plausibel | verständlich |
abstoßend | ekelhaft, zuwider sein, z.B. j-d findet Mäuse oder Spinnen abstoßend |
rufschädigend | der gute Name wird in den Schmutz gezogen |
über sich ergehen lassen | man muss etwas ertragen, hier: dass sich die Leute über den Nachnamen lustig machen |
das zweigliedrige Namensystem | ein Vor- und ein Nachname |
zimperlich | pingelig sein, sich anstellen |
I. Leseverstehen.
Richtig oder Falsch. Kreuzen Sie an.
Richtig | Falsch | ||
1. | Thomas Beckenbach hat einen obszönen Namen. | - | - |
2. | Auf dem Einwohneramt kann man seinen Namen ändern lassen. | - | - |
3. | Jeder kann seinen Namen ändern lassen. | - | - |
4. | Man macht sich über die Leute mit ungewöhnlichen Namen lustig. | - | - |
5. | Das System des Vor- und Nachnamens gibt es schon seit den Antike. | - | - |
6. | Die Juden konnten sich ihren Nachnamen aussuchen. | - | - |
Lösungen: 1F, 2R, 3F, 4R, 5F, 6F
II. Diese Deutschen haben sich in der Welt auf ihrem Gebiet einen Namen gemacht. Ordnen Sie zu.
1. | gewann als erste Frau 2001 die berühmte Rallye Paris-Dakar. | a) | Steffi Graf |
2. | gewann als Einzige in der Tenniswelt den „Golden Slam". | b) | Baron Münchhausen |
3. | gewann 1999 den Literatur-Nobelpreis. | c) | Jutta Kleinschmidt |
4. | regiert als erste Frau Deutschland. | d) | Angela Merkel |
5. | ist eine Romanfigur, die das Blaue vom Himmel lügt und deshalb bei unehrlichen Zeitgenossen gerne zitiert wird. | e) | Günter Grass |
Lösungen: 1c, 2a, 3e, 4d, 5b.
III. Redewendungen. Welche Bedeutungen haben sie? Ordnen Sie zu.
a) | Das Kind beim Namen nennen | 1. | man gibt auf die Bedeutung eines Namen nichts |
b) | Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts | 2. | sich seines Namens würdig erweisen |
c) | Die Dinge beim Namen nennen | 3. | jemand tut ganz unschuldig |
d) | Namen sind Schall und Rauch | 4. | jemand redet offen zur Sache |
e) | Seinem Namen alle Ehre machen | 5. | für eine neue Sache einen Namen finden |
Lösungen: a5, b3, c4, d1, e2
IV. Was ist richtig? Setzen Sie Leute, Personen oder Mann ein.
1. Unsere Nachbarn sind richtig nette _____.
2. Bei dem Busunglück kamen drei ____ ums Leben.
3. Wir brauchen noch einen ____ zum Skat spielen.
4. Das Auto ist für fünf _____ zugelassen.
5. Am Ferienanfang sind immer viele ____ unterwegs.
6. Die Flugzeugbesatzung bestand aus zwei _____ und vier Frauen.
Lösungen: 1. Leute, 2. Personen, 3. Mann, 4. Personen, 5. Leute, 6. Männer
QUIZFRAGE
Wie heißt der Bruder der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel?
a) Andreas Merkel S
b) Marcus Merkel U
c) Marcus Kasner A
Lerntipp
Fassen Sie nach dem ersten Lesen den Text in einem Satz zusammen. Welche Ausdrücke finden Sie für Ihre Zusammenfassung am wichtigsten? Lesen Sie den Text noch einmal und stellen Sie fest, ob die Wichtigkeit der Ausdrücke auch nach dem zweiten Lesen stimmt. Dadurch überprüfen Sie Ihre Fähigkeit, aus dem Text das Wichtigste zu erschließen.
Dialog
Anruf beim Einwohneramt Düsseldorf III
Stimme: „Einwohnermeldeamt Düsseldorf III, Kühlert am Apparat, was kann ich für Sie tun?"
Szymański: „Guten Tag, mein Name ist Szymański, ich bräuchte eine Auskunft, wo ich meinen neugeborenen Sohn anmelden muss."
Kühlert: „Da sind Sie im Prinzip richtig bei uns, nur leider habe ich Ihren Namen nicht richtig verstanden. Wie war der nochmal, bitte?"
Szymański: „Szymański, Krzystztof Szymański."
Kühlert: „Sie meinen Schimanski, wie der Fernsehkommissar, den Schimmi?"
Szymański: „Ja, genau der, aber es schreibt sich ein bisschen anders, soll ich es Ihnen mal buchstabieren?"
Kühlert: „Gut, ich höre."
Szymański: „ S-z-y-m-a jetzt n, aber mit einem Akzent nach rechts, dann s-k-i."
Kühlert: „Oh, mein Gott, das ist ja hochkompliziert, hört sich so polnisch an ..."
Szymański: „Ja genau, wir leben hier in der dritten Generation, soll ich es nochmal wiederholen.?"
Kühlert: „Unbedingt, aber bitte wirklich langsam, am besten mit dem Internationalen Alphabet."
Szymański: „Ok, also zum Mitschreiben: S wie Siegfried, Z wie Zeppelin, Ypsilon, M wie Martha, A wie Anton, N wie Nordpol, aber mit Akzent, S wie Siegfried, K wie Kairo und I wie Ida, haben Sie´s?"
Kühlert: „Ich denke schon, aber sagen Sie mal, haben Sie nie darüber nachgedacht, den Namen eindeutschen zu lassen? Sie haben doch bestimmt deswegen häufiger Probleme mit dem Buchstabieren, oder?"
Szymański: „Das können Sie wohl laut sagen, besonders in der Schule war das schlimm. Geht so was denn? Und wo muss ich da hin?"
Kühlert: „Das können Sie bei uns direkt machen, es gibt da spezielle Anträge, kommen Sie doch einfach mal vorbei und ich erkläre Ihnen dann alles Weitere."
Szymański: „Das wäre sehr nett, wann haben Sie denn Kundenverkehr?"
Kühlert: „Immer von 9 Uhr bis 12 Uhr und dann wieder von eins bis halb fünf, ich sitze auf Zimmer 236."
Szymański: „ Das ist wirklich sehr, sehr nett von Ihnen, sobald ich kann, komme ich bei Ihnen vorbei. Einen schönen Tag noch und Auf Wiederhören."
Kühlert: „Ihnen auch, danke. Auf Wiederhören."
© Goethe-Institut, Bratislava
Audio: der Dialog
Audio: Konversationsübung
Autor: Texty spracovala Martina Weiß-Pašková