Anthony Pellicano auf einem Archivbild von 15. November 1993. Pellicano wurde am 3. Februar 2006 nach 2 1/2 Jahren im Gefänsnis freigelassen, aber bald darauf wieder verhaftet wegen Telefon-Abhören. FOTO - REUTERS |
Los Angeles - Raymond Chandlers Romandetektiv Philip Marlowe war gegen ihn ein harmloser Chorknabe: Anthony Pellicano aus Hollywood soll jahrelang Filmstars ausspioniert, Journalisten eingeschüchtert und illegal Informationen von Polizisten besorgt haben. Jetzt muß sich der vorbestrafte, in Hollywood wie kein zweiter bekannte Stardetektiv in Los Angeles vor Gericht verantworten. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft. Die Anklage wirft dem 61jährigen organisierte Kriminalität, das Abhören von Telefongesprächen und illegale Beschaffung vertraulicher Informationen vor. Pellicano plädierte bei der Anklageerhebung vor dem Bundesgericht auf nicht schuldig. Mit ihm wurden sechs Helfer, darunter auch ein früherer Polizist, angeklagt.
Im Auftrag reicher Klienten sollen sie Telefone angezapft und mit dubiosen Mitteln Informationen beschafft haben. Unter den Abgehörten waren illustre Figuren wie die Schauspieler Sylvester Stallone, Keith Carradine und Gary Shandling. Pellicano, dem neunfachen Vater, wird zudem vorgeworfen, Journalisten der "Los Angeles Times", der "New York Times" sowie des Fernsehsenders KTLA bespitzelt zu haben. Laut dem Nachrichtensender N24 soll Pellicano bereits in den Neunzigern einen Programmierer beauftragt haben, eine Software zu entwickeln, mit deren Hilfe Telefonate automatisch per Computer aufgezeichnet werden konnten. Mit Hilfe eines Technikers der örtlichen Telefongesellschaft soll die Technik direkt in die Verteilerkästen der Gesellschaft eingebaut worden sein. Auch zwei Polizisten sollen von dem Privatdetektiv geschmiert worden sein. Sie sollen ihm Informationen aus Kriminalitätsdatenbank und Zulassungsregister besorgt haben. Auftraggeber waren insbesondere Anwaltsfirmen, die sich Vorteile bei Gerichtsverfahren erhofften.
Früher gehörten schon Hollywood-Stars wie Tom Cruise und John Travolta, die beide Mitglieder der Scientology-Sekte sind, zu seinen Kunden. Auch Sportstar O.J. Simpson, Komikerin Roseanne sowie Steven Seagal schätzten seine Arbeit: Wenn es darum ging, Stalker oder Erpresser zu überführen oder lästige Klatschreporter kaltzustellen, war Pellicano, der Schulabbrecher aus dem Mittelwesten, in Hollywood die allererste Adresse. Sein schlagkräftigstes Argument soll der "Fachmann für diskrete Schmutzarbeit" stets in seinem Kofferraum dabeigehabt haben - einen Baseballschläger aus Aluminium. Den Anstoß für die Ermittlungen gegen den Hollywood-Detektiv gab allerdings 2002 eine Drohung gegen eine Journalistin der "Los Angeles Times", die eine Geschichte über Verbindungen des Schauspielers Steven Seagal zu einem Mafiaanwalt recherchierte. Sie wurde "gewarnt", ihre Nachforschungen einzustellen. Daraufhin wurde ein Ex-Dealer verhaftet, der aussagte, Pellicano habe ihm den Auftrag erteilt. FBI-Beamte durchsuchten postwendend das Büro des "Private Investigator" in West-Hollywood nach Beweisen. Im Tresor fanden sie viel Bargeld, zwei geladene Pistolen, zwei Handgranaten sowie Plastiksprengstoff. Einem Gericht reichte das, um Pellicano zu einer 30monatigen Gefängnisstrafe wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu verurteilen. Er wurde unlängst freigelassen. aus: Die Welt