
Vorige Woche brannten mehrere Häuser in der mazedonischen Stadt Tetovo, nahe an der Grenze mit Kosovo. Gespannte Situation zwang die mazedonische Regierung, sowie die internationale Gemeinschaft zu Schritten gegen die Rebellen. FOTO - REUTERS
Nato-Generalsekretär George Robertson hat vor den Nato-Botschaftern seinen Appell wiederholt, die Kfor-Truppen im Kosovo möglichst schnell aufzustocken. Allerdings halten sich die Nato-Mitgliedstaaten mit Zusagen noch zurück. Jetzt soll zunächst der Nato-Militärausschuss über die Vorschläge beraten und klären, welche Spezialeinheiten für eine bessere Grenzsicherung benötigt werden.
Schon jetzt aber dämpfen Nato-Militärs allzu große Erwartungen an einen zusätzlichen Aufmarsch von Kfor-Truppen. Es sei nahezu unmöglich, zusätzliche Soldaten in die Krisenregion zu entsenden. Alle Spezialeinheiten, die für solche Einsätze geeignet sind, seien schon längst vor Ort. Für fast alle Nato-Länder sei die Grenze der Belastbarkeit erreicht.
Insgesamt 42 000 Soldaten haben die Nato-Länder vor Ort. Die Bundesregierung allein hat 4000 Bundeswehrsoldaten im Kosovo stationiert, weitere 1000 in dem jetzt heftig umkämpften Gebiet um Tetovo. Die USA stellen mit 5500 Soldaten das stärkste Kontingent, und sie sind neben Franzosen und Deutschen als einzige auch in Mazedonien präsent, allerdings wie die beiden anderen auch hauptsächlich mit Logistik-Einheiten. Und gerade die USA scheinen kaum bereit, auch nur einen Soldaten zusätzlich auf den Balkan zu schicken. Da müssten dann eher Länder wie Großbritannien in die Pflicht genommen werden.
Die einzige Möglichkeit, die Kfor-Präsenz zu erhöhen, liege in einer geänderten Rotation. Statt die Soldaten nach drei oder sechs Monaten abzuziehen und durch neue zu ersetzen, sollten die Truppen länger vor Ort bleiben und die Ersatzkräfte früher dort stationiert werden. Doch diese eher virtuelle Aufstockung könnte nur eine vorübergehende Maßnahme sein. Gleichzeitig räumt man in der Nato-Zentrale ein, dass Kfor „die Grenze nach Mazedonien nicht so nachhaltig überwacht hat wie die nach Serbien“. Allerdings sei eine auch nur annähernd lückenlose Grenzsicherung vollkommen illusorisch. Das gebirgige Gelände sei nicht einfach zu kontrollieren.
Zur mangelhaften Grenzabschirmung gesellt sich auch unzureichende Nachrichtenaufklärung. Über die Führungsstrukturen der in Mazedonien operierenden Rebellen oder Terroristen ist die Nato bislang nur schlecht unterrichtet. Solche Erkenntnisse seien auch nicht über modernste Nachrichtentechnik wie Satelliten zu erhalten, sondern nur über Einschleusen von Informanten.
Aus den bisherigen Aktionen rund um Tetovo lasse sich allerdings erkennen, dass die Albaner dort „straff organisiert und gut geführt sind“. Die mazedonischen Kräfte seien den Albanern unterlegen. „Die führen die Mazedonier vor, betreiben ein Katz- und Mausspiel“.
ANDREAS MIDDEL, Die Welt