Als Klonen bezeichnet man die Herstellung identischer Kopien eines Organismus. Um einen Menschen zu klonen, müsste zunächst eine reife Eizelle entkernt werden. In diese würde dann das Erbgut einer Körperzelle der jeweiligen Person geschleust. Beim reproduktiven Klonen würde der Embryo von einer Frau ausgetragen, damit aus ihm ein Baby entsteht.
In einem geheimen Labor in der Wüste Nevadas will ein Forscher-Team in diesen Wochen mit der Herstellung des ersten menschlichen Klon-Babys beginnen, obwohl dies in den USA verboten ist. Das Kind – die identische Kopie eines im vergangenen Jahr verstorbenen, zehn Monate alten Mädchens – soll noch 2001 zur Welt kommen.
Das jedenfalls kündigt die 1997 gegründete Firma Clonaid mit Sitz auf den Bahamas an, der das Labor gehört. Am nötigen Kleingeld soll es nicht fehlen: Die Eltern des toten Kindes haben dem Unternehmen für die Erfüllung ihres Traums offenbar 500.000 Dollar (532.000 Euro) geboten.
Und das soll nur der Anfang sein. Schon jetzt ist Clonaid nach Angaben seiner Forschungsleiterin Brigitte Boisellier bestens für die Produktion etlicher Klon-Babys gerüstet. Bisher sehen die meisten Experten in solchen Ankündigungen Phantastereien verblendeter Spinner. Schließlich steckt hinter Clonaid eine skurrile Sekte namens „Raelisten“, deren Mitglieder glauben, die gesamte Menschheit sei von außerirdischen Wissenschaftlern geklont. Hier zu Lande jedenfalls betonen Forscher und Chefs von Biotech-Firmen, dass die Herstellung menschlicher Klone noch gar nicht funktioniere. Das Verfahren sei wirtschaftlich unattraktiv, zu aufwendig und dort, wo entsprechende Forschung möglich wäre, aus rechtlichen Gründen nicht machbar.
Patrick Dixon ist da anderer Meinung. Der britische Mediziner und Zukunftsforscher hat auf seiner Homepage www.globalchange.com eine Fülle von Fakten über frühere und aktuelle Klon-Experimente zusammengetragen. Angefangen bei Jose Cibelli von der US-Firma Advanced Cell Technologies, der bereits vor drei Jahren einen Embryo-Mix aus menschlichem Zellkern und Kuh-Eizelle schuf, bis hin zum Klon-Schaf Dolly sei die Öffentlichkeit stets erst Monate, zum Teil Jahre später über die Machenschaften der Forscher informiert worden. Auch technische Schwierigkeiten lässt Dixon nicht als Argument gelten. An der Technik jedenfalls wird es nicht scheitern.
Der entscheidende Engpass liegt woanders: Um Klon-Embryos in Serie herzustellen braucht man Tausende von frisch gewonnenen, unbefruchteten weiblichen Eizellen gesunder, möglichst junger Frauen. Mindestens eine für jeden Klon, den man erzeugen will. Im Gegensatz zu Spermien, befruchteten Eiern und Embryonen lassen sich unbefruchtete reife Eizellen nicht einfrieren, weil sie äußerst empfindlich sind. Um das kostbare Gut zu produzieren, muss eine Frau einiges auf sich nehmen. Die Schöpfer von Dolly verbrauchten mehr als 270 unbefruchtete Eizellen, um dieses erste Klon-Schaf zu erschaffen.
CORNELIA STOLZE, Die Welt