
John Lennons Imagine: Nach den aktuellen Erreignissen nicht mehr spielbar?
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Sensibilität ist zurzeit gefragt in der US-amerikanischen Entertainmentindustrie. Zwar geht die Show am Broadway schon weiter, doch der vorherrschende Ton bleibt in Moll. Nachdem TV-Programme und Kinofilme mit allzu plakativem und action-lastigem New-York-Bezug bereits einer freiwilligen Selbstkontrolle unterzogen worden sind, stehen nun auch verfängliche Popsongs auf einem inoffiziellen Index vieler Radiostationen. Stücke wie Led Zeppelins Stairway To Heaven, Queens Another One Bites The Dust, Steve Millers Jet Airliner oder sogar John Lennons Imagine hört man momentan bei amerikanischen Sendern eher selten.
Zwar bestreiten Verantwortliche zum Beispiel von Clear Channel Communications, die über tausend Radiostationen verfügen sollen, dass es offiziell eine solche Liste gebe, doch Insider der Szene bestätigen, dass seitens der Branche eine Aufstellung von Songs mit möglicherweise verfänglichen Themen und Texten in Umlauf gebracht worden sei. Sie soll 150 Titel umfassen.
„Massive Selbstzensur“ sieht John Perry Barlow von der Electronic Frontier Foundation, einer Non-Profit-Organisation, die sich um Meinungsfreiheit der Medien kümmert. Denn viele Radioredakteure starteten von sich aus eine Hörerbefragung nach fragwürdigen Songs – man will ja niemanden vergraulen. Aus den eingehenden E—Mails zogen die Programmgestalter dann ihre Informationen, was das Publikum in diesen Tagen der nationalen Trauer nicht unbedingt hören wollte. Diese Umfrageergebnisse sollten nicht Zensurzwecken bei den Radiostationen dienen, sondern der Information und Hilfe für ihre Redakteure. Und wer wollte nicht gern die Wünsche und Abneigungen seiner Zielgruppe kennen. Auch in Großbritannien traf einige Songs der temporäre Bann – so zum Beispiel Geri Halliwells Hit „It‘s Raining Men“. Ob er die eindeutig ironischere Originalversion dieses Songs von den schwergewichtigen Weather Girls auch getroffen hat, ist nicht überliefert. Spiegel Online