Mehr als 27 Millionen Weihnachtsbäume werden in Deutschland jedes Jahr gekauft. Doch wehe, wenn das Grün oben zu spärlich und unten herum zu breit. Dann wird genörgelt und mit Lametta kaschiert, was die Natur zuvor unvollkommen ließ. Kugeln als Kosmetik: Dabei gelangen nur die Hälfte aller angebauten Christbäume auf den Markt. Die verformten, krummen, kranken werden aussortiert - ein finanzieller Verlust, den dänische Forscher mittels Gentechnik verhindern wollen. Wissenschaftler im Staate der Tannen-Exportweltmeister experimentieren seit ein paar Jahren mit Nährstoffböden und Brutkästen. Jetzt ziehen sie die ersten geklonten Triebe groß. Im Freiland müssen Schneeglöckchen-Gene nun auch Nadelbäume vor Schädlingen schützen. In zehn bis 15 Jahren könnte es Nordmanntannen, Kiefern, Rot- und Blaufichten ganz nach Wunsch und Wohnungsgröße geben. Ihre Zweige fluoreszieren dann quallengrün, das Kaktuserbe macht sie nadelfest.
Mit einem Designerbaum aus dem Genlabor in den Idealmaßen 1 zu 0,6 (Höhe zu Breite) wäre das Weihnachtsfest also fast perfekt.
Aber Perfektion verheißt kein Glück. Wer will einen Einheitsbaum, die fleischgewordene Barbiepuppe? Der Reiz liegt im Makel, kleine Fehler vertreiben die Langeweile. Daher schmücken wir krumme Äste an schiefen Tannen und lieben einen Menschen gerade wegen seiner Eigenheiten.
aus: DW