ANTALYA – Vor 15 Tagen endete ein einwöchiger Urlaubsausflug an die türkische Südküste für eine Familie aus Westfalen mit einer bösen Überraschung: Weil Zollbeamten am Flughafen der Mittelmeermetropole im Gepäck des neunjährigen Sohnes einen Stein fanden, den sie für „antik“ hielten, wurde der Vater, ein 34jähriger Dozent aus Münster, kurzerhand festgenommen.
Stefan Göttker sitzt seitdem dort im Gefängnis, zusammen in einer einzigen Zelle mit 14 anderen Männern – Mördern, Dieben, Drogenschmugglern.
„Eine lächerliche, aber leider immer öftere Realität für Urlauber“, sagt Christine Senol vom Deutschen Hilfs– und Kulturverein „Brücke“ in Istanbul. Und aus Konsulatskreisen erfuhr die WELT: In diesem Jahr wurden bereits mindestens 15 Mal Ausländer, darunter etwa acht Deutsche, mit dem Vorwurf, Antiquitäten zu schmuggeln, in der Türkei bei der Ausreise festgehalten und inhaftiert – oder durften nur gegen Zahlung einer vierstelligen Euro-Summe weiterfahren.
Fachleute vom Stadtmuseum von Antalya prüften den faustgroßen Stein, den der Junge am Strand gedankenlos als Urlaubserinnerung eingesteckt hatte. Ihr Urteil: Teil eines griechischen Säulensockels, etwa 2000 Jahre alt. Göttker-Anwalt Bilal Kalayci: „Ein Antrag auf Haftverschonung wurde wegen Fluchtgefahr abgelehnt. Die erste Haftprüfung ist für den 15. Oktober angesetzt“. Bis dahin soll der Familienvater im türkischen Knast warten.
Heinz Alupei vom deutschen Verein Antalya: „Wir können nicht genug davor warnen: Urlauber sollten nichts, gar nichts, in ihrem Gepäck mitnehmen, was antik ist oder antik aussieht. Nach dem türkischen Gesetz, das Antiquitätenschmuggel mit bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug abstraft, fallen sogar Fossilien im Gepäck unter Strafe. Herr Göttker ist jüngstes Opfer in einer Serie von Verhaftungen. Manchmal endet ein solches Verfahren mit bis zu sechs Monaten Untersuchungshaft, dann darf der Angeklagte gegen Zahlung einer Geldstrafe von 8000 Euro wieder nach Hause fahren.“ Tatsächlich warnt auch das Auswärtige Amt in Berlin unter Sicherheitshinweisen auf seiner Türkei-Seite eindringlich vor antiken Stücken im Gepäck.
Klar ist: Der Schmuggel von antiken Stücken ist vor allem für die Mittelmeerländer ein großes Problem. Wertvolle Fundstücke wandern auf dunklen Wegen in die Hände von Privat-Sammlern und gehen so der Wissenschaft unwiderbringlich verloren. Steine sollten also dort liegen bleiben, wo sie liegen. Sonst wird es dramatisch.
aus: Die Welt